Und noch eine GemäldegalerieDie Staatlichen Museen, so gewinnt man den Eindruck, werden zum Motor des Berliner Baugeschehens. Eben erst zeichnet sich mit den Neuentscheidungen zum Schloss, dem künftigen Humboldtforum, ein Baubeginn in absehbarer Zeit ab, da überrascht die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) bereits mit einer weiteren Richtungsentscheidung. Nunmehr sollen die Museumshöfe errichtet werden – eine im Vergleich kleine, kostenmäßig überschaubare Maßnahme, die aber eine Vorentscheidung darstellt für eine der folgenreichsten Umstrukturierungen des Museumsgefüges selbst. Die Museumshöfe liegen dem Bode-Museum gegenüber, ein dreieckiges Grundstück mit dem östlichen, V-förmigen Teil der einstigen Alexanderkaserne, der bereits nachgeordneten Museumsnutzungen dient. Doch der größte Teil des Grundstücks ist DDR-Brache. Der Museumsflügel der Kasernenbauten des „Garde-Grenadier-Regiments Nr. 1 Kaiser Alexander von Russland“, erst 1901 vollendet, soll nunmehr durch einen Neubau zu einem in sich wiederum dreieckigen Ganzen gefügt werden: den eigentlichen Museumshöfen als „Kompetenzzentrum“ der Staatlichen Museen mit Depots, Werkstätten, Studienbibliotheken und Verwaltungsräumen. All diese Funktionen, soweit sie noch auf der Museumsinsel selbst verblieben sind, sollen diese verlassen und zur Gänze für die Sammlungen und ihre künftig vier Millionen Jahresbesucher freimachen. Nichts Spektakuläres also, sondern ein Neubau in zwei Abschnitten für insgesamt 20 Millionen Euro, als Ganzes fertig im Jahr 2012. Nur: Der Wettbewerb war so angelegt – und hat zu einem entsprechenden Ergebnis geführt –, dass als großes Gegenüber der Museumshöfe zwischen einer das Gelände teilenden, neuen Fußgängerstraße und der Spree – oder genauer dem Kupfergraben – seinerseits dem Bode-Museum gegenüber liegend, ein neuer Museumsbau als quasi dessen zweite Hälfte errichtet werden muss. Muss: Denn nur so ist die jetzige Planung sinnvoll, die die Museumshöfe, den künftigen Museumsneubau und die bereits im Baubeginn befindliche neue Bibliothek der Humboldt-Universität über einen neuen, quadratischen Stadtplatz miteinander verzahnt. Dessen südlichen Abschluss – wie auch den der Uni-Bibliothek nach einem Entwurf von Max Dudler – bildet die Stadtbahntrasse, die bereits das Bode-Museum von den südlicheren Bauten der Museumsinsel trennt. Gewonnen hat den Wettbewerb der Museumshöfe ein Newcomer-Duo aus Stuttgart: Harris + Kurrle Architekten, die beide der Präsentation der Wettbewerbsergebnisse durch Bundesbau-Chef Florian Mausbach und Museums-Generaldirektor Peter-Klaus Schuster mit geröteten Wangen lauschten. Mausbach lobte die „baukörperliche Einfachheit“ des mit einer durch schmale Lichtschlitze gegliederten Sandsteinfassade versehenen, zweiteiligen Bauwerks und unterstrich damit subtil die dominierende Stellung eines Museumsneubaus nebenan. Kein Wunder, dass architektonisch selbstbewusstere Entwürfe wie der des zweitplatzierten Altmeisters Peter Schweger letztlich keine Chance hatten. Allerdings gab es im Wettbewerb eine Vielzahl von Entwürfen, die die durch einen vorangegangenen Ideenwettbewerb festgelegte Grundstruktur des ganzen, bislang abseitigen Areals gleichermaßen brav befolgten wie das Sieger-Duo. Währenddessen schwärmte Schuster schon vom „Wissenschaftskloster“, wo „alle Gelehrsamkeit zusammengeführt“ werde: „Das gibt’s sonst nur noch im Getty, The Doctors Company“. Man ist eben von Welt. Dass im Bode-Museum die „südlichen Schulen“ der europäischen Malerei verbleiben, die „nördlichen Schulen“ hingegen im Neubau Platz finden sollten, sprach er mit solcher Selbstverständlichkeit aus, als habe der Haushaltsausschuss des Bundestages die von Fachkennern geraunten 140 bis 160 Millionen Euro Neubaukosten bereits abgenickt. Von den Folgekosten für die daraufhin notwendige Umwidmung der – erst 1998 eingeweihten! – Gemäldegalerie am Kulturforum Potsdamer Platz für die Bestände des 20. Jahrhunderts, die bislang im Untergeschoss der Neuen Nationalgalerie immer wieder nur mit Unterbrechungen zu sehen sind, ganz zu schweigen. Es ist ein großes Rad, das die SPK als überwölbende Institution der Staatlichen Museen wie der beiden Staatsbibliotheken dreht. SPK-Präsident Klaus Dieter Lehmann und sein Museumschef laufen gegen Ende ihrer wohl 2008 endenden Amtszeiten zur Hochform auf. Und sie wissen dabei eine Bundesregierung hinter sich, die an der wissenschaftlich-kulturellen Sonderstellung Berlins keinen Anstoß mehr nimmt, sondern die entsprechenden Finanzen bereitstellt – wie unlängst Bauminister Tiefensee mit den koalitionsintern zweifellos abgesegneten 480 Millionen Euro für den Humboldtforums-Schlossbau deutlich machte. Dass die SPK daneben noch mit dem Wiederaufbau der Staatsbibliothek Unter den Linden ein weiteres Schlüsselgrundstück der Berliner Mitte besetzt, fügt sich ins Bild. Sie wird mit ihrem neuen Lesesaal und den dann ganz anderen Nutzungsbedingungen einen erheblichen Beitrag dazu leisten, Berlin zu einer Metropole des Wissens zu machen. Der Grundsatz Wilhelm von Humboldts, „Erst erfreuen, dann belehren“, lässt sich nirgends besser ablesen lassen als in der Abfolge von Museumsinsel, Humboldtforum und den beiden Bibliotheken der Preußenstiftung und der Humboldt-Universität. Die von dessen Gründer stammende Devise, der Staat müsse „an geistigen Kräften ersetzen, was er an physischen verloren hat“, wurde zum Wegweiser der Erneuerung Preußens nach 1800. Heute ist Berlin nach Jahren des Kleinmuts dabei, jene Zukunft erneut anzugehen, die in Preußens Hauptstadt durch Humboldt schon einmal ergriffen wurde. Ausstellung „Wettbewerb Museumshöfe“, Geschwister-Scholl-Str. 2-4, bis 8. April. Täglich 10-18 Uhr, Eintritt frei. Quelle: tagesspiegel.de
В. Богунова ã, Москва, 2002 г. |
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