Klassizismus

Klassizismus

Der Klassizismus ist eigentlich keine Erfindung eines Künstlers oder einer Künstlergruppierung. Er ist ein Spiegel der emanzipierten Gesellschaft und bringt eine vollkommen neue Einstellung zum Leben zum Ausdruck. Man kann auch sagen: Er war der Startpunkt für die Verselbstständigung der Künstler und damit der Kunst.

Bis ins 18. Jahrhundert hinein war das Bürgertum noch von der Entwicklung der Kunst ausgeschlossen. Es herrschten schlimme Verhältnisse: Die reichen Adligen mit ihren seltsamen Perücken lagen nur rum und trieben es bunt. Das arme Bürgertum durfte schuften und wurde als Dank noch von ihnen herumkommandiert.

Sehr lange konnte sich die Adligen aber nicht mehr an diesem Leben erfreuen. Denn im Laufe des 18. Jahrhunderts emanzipierte sich das Bürgertum. Schnell war eine wohlhabende, gebildete Mittelschicht entstanden, die einen stärkeren Anteil am gesellschaftlichen und kulturellen Leben einforderte.

Dieses Bürgertum hatte nichts übrig für die Selbstverliebtheit, Maßlosigkeit und Verspieltheit des Adels. Es sehnte eine Welt herbei, in welcher der Verstand die Oberhand behält. Der »kleine« Bürger sollte nicht länger seinem Schicksal ausgeliefert sein, sondern sich bilden, um es selbst zu bestimmen. Diese Bewegung nennt man Aufklärung.

Aus dieser neuen Bürgerschaft erwuchs auch eine neue Generation – man könnte fast schon sagen eine neue »Spezies« – von Künstlern. Denn bis dahin waren sie eigentlich eher Handwerker, die sich tagaus tagein mit Auftragsarbeiten beschäftigen mussten. Adelige und Ihresgleichen wollten in der Natur, auf dem Sofa oder sonstwo bei belanglosen Getue abgebildet werden. (So negativ waren diese Epochen (Barock und Rokoko) im Endeffekt auch nicht; immerhin verdanken wir ihnen unsere schönen Schlösser und die anliegenden Parkanlagen.)

Diese neuen Künstler waren aufgeklärt, lehnten die »hohlen« Auftragswerke radikal ab. Und eine Sache bewegte alle gleichermaßen: Mitte des 18. Jahrhunderts (also ab 1750) wurden bei Ausgrabungen im alten Griechenland völlig neue Erkenntnisse über das Leben in der Antike zu Tage befördert. 1764 veröffentlichte Johan Joachim Winckelmann die »Geschichte der Kunst des Altertum« und stellte damit den Künstlern und Kunstschülern dieser Zeit so eine Art Leitfaden für die Abkehr von der Barock- und Rokoko-Kunst zur Verfügung.

Auf einmal war die alten Griechen und Römer also wieder interessant. Davon angesteckt unternahmen viele Künstler Bildungsreisen nach Rom oder sonstwohin zu antiken Stätten. Denn das Streben nach einer vernünftigen, höheren Idealen folgenden Kunst wurde im wahrsten Sinne des Wortes durch die Kultur des Altertums ideal ergänzt bzw. ausgefüllt.

Um es also zusammenzufassen: Der Klassizismus, der offiziell 1770 begann, war eine Gegenbewegung zum Barock/Rokoko. Dass die Suche nach einer neuen Ausdrucksweise schließlich in einer neu aufgelegten Klassik endete – man nennt den Klassizismus auch »Neo-Klassik« –, ist dem riesigem Interesse an der Antike zu verdanken.

Besonderheiten
Der Klassizismus war zwar nicht der Wegbereiter, auf jeden Fall aber so etwas wie der Wegbegleiter der revolutionären Bewegung in Frankreich, die in der Französischen Revolution von 1789 ihr großes »Coming-Out« hatte. Wie bereits angedeutet stellt er einen wichtigen Einschnitt in der Kunstgeschichte dar:
• Die Bildthemen änderten sich radikal. Adelige und religiöse Motive verschwanden von der Bildfläche. An ihre Stelle traten Motive aus der Antike sowie bürgerliche Themen.
• Die Kunst verschwand aus den Schlössern und Luxusunterkünften der Adeligen und war ab sofort der Öffentlichkeit zugänglich. Erste Museen entstanden.
• Die Künstler waren nicht länger nur Handlanger der Adeligen, sondern verselbständigten sich, gingen eigenen Gedanken und Ideen nach. Und diese Künstler malten nicht mehr das, was sie malen sollten, sondern das, was sie malen wollten und schufen damit vollkommen neue Bildthemen und -aussagen.
• Ab sofort arbeiteten Künstler zur gleichen Zeit in unterschiedliche Richtungen. Früher gab es immer nur einen Stil. Ab sofort liefen verschiedene Stile nebeneinander – und bekriegten sich. Als Gegenpol zum Klassizismus bildete sich schon bald die Romantik heraus.

Und wie ging es weiter?
Nicht alle Künstler konnten sich mit der Vorliebe für das Antike, der Malweise und der rationalen Weltanschauung anfreunden. So kam es, dass als Gegenbewegung zum Klassizismus eine andere Stilrichtung entstand und den Klassizismus schon bekriegte, nämlich die Romantik. Beide teilten sich ab 1815 den Ruhm.

Es ist für jeden nachvollziehbar, dass das Malen von Szenen aus der Antike oder politischer Führer, z.B. Napoleon, nicht viel Potential für Innovationen birgt. So anspruchsvoll ist das nicht. Die Malweise der Klassizisten wurde aber lange als das Nonplusultra angesehen. Jeder, der Malerei studierte, musste in diesem Stil malen oder Armut und Verachtung erleiden. Schuld daran ist der bedeutenste Klassizist, Jean-Auguste-Dominique Ingres. Dieser setzte seinen Stil an den Akademien durch. Nicht mit Gewalt, sondern die Leute waren einfach seinem Malstil verfallen. Seine linienbetonte Malweise, hatte übrigens durchaus sogar Einfluss auf den Stil nachfolgender Künstler, z.B. Picasso.

Quellen: martinvogler.de

 

 

В. Богунова ã, Москва, 2002 г.

А.Кубрин. Герб РФ, 1995. Маркетри.

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